der bioadapter
in: Oswald Wiener, Die Verbesserung von Mitteleuropa [Roman], 2. Auflage, rororo 1495, Reinbek bei Hamburg 1972
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philosophische ansaetze nebst vorgriffen auf die systembeschreibung.
der bio-adapter bietet in seinen grundzuegen die m. e. erste diskutable skizze elner vollstaendigen loesung aller welt-probleme. er ist die chance unseres jahrhunderts: befreiung von philosophie durch technik (1). sein zweck ist es naemlich, die welt zu ersetzen, d. h. die bislang voellig ungenuegende funktion der "vorgefundenen umwelt"als sender und empfaenger lebenswichtiger nachrichten (nahrung und unterhaltung, stoff- und geistwechsel) in eigene regie zu uebernehmen - und seiner individualisierten aufgabe besser zu entsprechen, als dies die "allen"gemeinsame, nunmehr veraltete sog. natuerliche umwelt vermag. in seiner wirkung kann der bio-adapter mit der eines aeusserst hochgezuechteten, durch laufende anpassung auch den differenziertesten beduerfnissen hoechstorganisierter lebewesen gewachsenen uterus' verglichen werden ("gluecks-anzug"). er kann als die sich ins zunaechst noch "ausserleibliche"erstreckende hypertrophie der organmoduln sowie der nervoesen baukomplexe seines inhabers interpretiert werden, und ist in dieser betrachtungsweise ein konverter der vom menschen in dessen umgebung projizierten lustimpulse.(servo-narziss) es ist die auffassung des designers des bio-adapters, dass erst die einheit mensch-adapter den anforderungen einer verantwortungsbewussten anthropologlschen kritik standhalten kann - aber daneben auch dem gesundheroischen Ideal eines den kosmos regierenden homo sapiens erstmalig genuegt, und zwar durch trockenlegung des kosmos einerseits, und zum andern durch liquidation des homo sapiens. der mensch, ausserhalb seines adapters ein preisgegebener, nervoes aktivierter und miserabel ausgeruesteter (sprache, logik, denkkraft, sinnesorgane, werkzeug) schleimklumpen, geschuettelt von lebensangst und von todesfurcht versteinert, wird nach anlegen seines bio-komplements zu einer souveraenen einheit, die des kosmos und dessen bewaeltigung nicht mehr bedarf, weil sie auf eklatante weise in der hierarchie denkbarer wertigkeiten ueber ihm rangiert.
der mensch bedarf des adapters, weil er im zuge seiner geschichte (welche eben im adapter abhanden kommt) durch hervorbildung seines bewusstseins in einen gegensatz zu seiner immer verbaler apperzipierten (d. h. im verlauf der progressiven verbalisierung ueberhaupt erst "wahrgenommenen") umwelt geraet, diese geradezu erst herausfordert, vorhersagt, materialisiert, erzeugt er vereinzelt sich... sein bewusstsein, dem er sich immer verzweifelter ueberlaesst, draengt ihn unter bildung und zuhilfenahme kraenklicher begriffe individualitaet, polaritaet gegenueber einer vexierbildhaften umgebung, welcher er in ueberanstrengung seiner sinne bestandteile anzuerkennen bemueht ist, gegenueber einer erfundenen, gleichwohl erlittenen, ihn blindwuetig mit nachrichten befetzenden objektwelt, und neurotisch-anankistische organisierung derselben zu kategorien und methodisch angehauchten hierarchien auf. der mensch wurde schutzlos durch das bewusstsein seiner symbolischen singularitaet, dieser seiner Iyrischen hoffnung, und seiner ergo fiktiven gegnerschaft zum alsbald bedrohlich empfundenen all. hier setzt nun der bio-adapter an, und reduziert das all auf den status einer unterhaltsamen ... fabel.
der adapter legt sich - von "aussen"betrachtet - zwischen den ungenuegenden kosmos und den unbefriedigten menschen. er schliesst diesen hermetisch von der herkoemmlichen umwelt ab und greift nur in den ersten stadien der adaption auf zu diesem zweck gespeicherte eigene informationen und auf solche seines inhalts zurueck. der mensch geniesst dabei zunaechst eine aufbereitete, therapeutisch angereicherte wahrnehmung ausgewaehlter aspekte des erinnerten kosmos...

